See


Die Lebensquelle der Dorbewohner in Sidihoni droht zu versiegen!

Der See Danau Sidihoni ist nach dem starken Erdbeben im April 2005, ein Nachbeben von jenem, das den Tsunami bewirkt hatte, ganz schnell und extrem abgesunken. Es ist zu vermuten, daß sich die darunterliegenden Erdschichten verschoben und dabei neue Abflußwege des Sees gebildet haben oder daß sich der bisherige natürliche Abfluß des Sees verbreitert hat. Die ältesten Dorfbewohner erinnern sich daran, daß der See früher einmal so gut wie ganz ausgetrocknet war.

 

 Augenzeugen berichten

KircheDas gleiche starke Erdbeben, das die Insel Nias einige Wochen nach dem Tsunami fast vollständig in Trümmer legte, hat selbst im gebirgigen, massiven Hochland von Festland-Sumatra einige Bauten aus Beton ins Kippen gebracht.

Die katholische Steinkirche von Sidihoni, die die Bewohner in Gemeinschaftsarbeit selbst erbaut haben, zeigt seither Risse. Ancke Wittthoefft und Anggiat aus Parapat inspizierten im April 2005 die Schäden der Kirche in Sidihoni und schickten dieses Foto. © A. Witthhoefft

 

 

So war es zuvor

See 2Dies ist der See Sidihoni vor einigen Jahren zur Zeit üppigen Regens. Er liegt 1330 meter hoch und umfasst mehrere Hektar. Das Bild ist meinem Buch entnommen, Seite 35.

Im Vordergrund sind Pflanzungen junger Nelken- und Kaffeebäume, im Hintergrund ist der Ursprungsberg der Toba-Batak, Pusuk Buhit, zu sehen.

Zwischen dem kleinen See und dem Vulkan im Hintergrund befindet sich der tiefe, steile Kessel des Toba-Sees in ca. 900 m Höhe.

 

 Taruli waeschtEine meiner Adoptiv-Schwestern aus der Familie Simalango wäscht am Ufer des Sees Sidihoni Wäsche. Auch dieses Foto ist im Buch, Seite 34, abgebildet. An manchen Tagen herrscht ein lautes, fröhliches Treiben der Frauen am See, die plaudern, sich selbst und ihre Wäsche waschen und allerhand erzählen, was man bei uns nur 'hinter vorgehaltener Hand' sagen würde. Ihre offenen, ehrlichen Gespräche halfen mir viel, die praktisch gelebte, wahre und widersprüchliche Kultur der Batak kennen zu lernen, die oftmals im Gegensatz zur offiziell dargestellten, von Männern repräsentierten Kultur steht.

Wasserleitungen gibt es noch keine in Sidihoni. Nutzwasser kann in der Regenzeit von Regenrinnen entlang der ausladenden Hausdächer aufgefangen werden. Bei Trockenheit tragen die Frauen in großen Eimern das Seewasser auf dem Kopf in ihre Häuser.

Trinkwasser liefern drei winzige Quellen, die wenige Meter oberhalb des Seeufers aus der Erde treten. Die Dorfbewohner kochen das Quellwasser zusätzlich ab.

 

Batak & Böblinger inspizieren

 Haus mit JunikaIm November 2005 besuchte Junika boru Tambunan, gebürtig in Pangururan, mit ihrem Mann Hans Ebinger aus Böblingen meine Familie in Sidihoni.

Junika und ihr Bruder Bopas Pa Tambunan verabschieden sich hier gerade auf dem Foto vor unserem Adat-Haus in Peatabu von unserem Nachbarn und meinem Adoptiv-Vater.

Bild links und oben die beiden ersten Fotos des Artikels © Ebinger und Tambunan, November 2005

 

 

  

 

 See - Nov. 2005Junika und Hans berichten, der Wasserstand des Sees Danau Sidihoni ist noch immer so extrem niedrig. Der ca. 5 ha große See dient den Bewohnern der umliegenden Dörfer normalerweise zum Waschen der Wäsche, zum Baden und Körperreinigungen, Fischen und als Tränke für kleine Büffelherden. Er ist also multifunktional, aber das kommt nun in Bedrängnis. Foto © Ebinger

Nach meinem Wissen sind bis jetzt keine geologischen Untersuchungen und keine Proben der Wasserqualität durchgeführt worden. Das halte ich für äußerst bedenklich.

 

Ein Fest zur Abhilfe?

Bei meinem nächsten Besuch in Sumatra im Mai 2006 möchte ich die Erinnerungen der Einheimischen zum See aufzeichnen. Vielleicht wäre es angebracht, ein Opfer-Fest zu feiern und den Segen der Ahnen und früheren Götter zu erbitten, damit sich der See wieder füllt? Wir werden in Sidihoni die Ältesten dazu befragen und, falls diese es befürworten, noch während unseres Aufenthaltes eine solche Zeremonie feiern und die Kosten für ein Opfertier übernehmen. Naturprobleme dieser Dimension könnten aber auch die Opferung von mehreren Tieren erfordern, ich schätze gar von Buckelrindern, Büffeln oder Pferden. Dann müßte auch das gondang, die traditionelle Trommel- und Sarunen-Musik, angestimmt und alle Verwandtschaftsgruppen zum Fest geladen werden. Wir wollen zunächst herausfinden, was die Bewohner von Sidihoni hierzu meinen…

BueffelBritta Höckh, meine Partnerin und gern gesehener Gast in Sidihoni, wird mich bei diesem Besuch im Mai begleiten und beraten.

Vielleicht könnten wir auch bewirken, daß die Distriktregierung das Problem des abgesunkenen Sees untersucht und den Menschen in Sidihoni und Umgebung eventuell Alternativen für die Wasserversorgung geboten werden. Allerdings ist unser Einfluß hierauf sehr begrenzt.

 

Bild links: Schlachtung eines Opfer-Büffels bei einer bedeutenden Zeremonie  © Ch. Schreiber

 

 

 

Gute Zeichen

 Gute ZeichenEs  gibt auch Zeichen des Glücks: das Schwein meiner Schwägerin, Eda Nai Niko hat Junge bekommen. Vor ein paar Jahren hatte die Schweinepest auf Nordsumatra fast alle frei laufenden Tiere vernichtet. Erst jetzt trauen sich die Dorfbewohner wieder Mutterschweine zu halten. Wenn Nachwuch kommt, wird vielleicht wird bald alles wieder gut ...

Fotos: (c) Tambunan & Ebinger

 

 

Nachtrag: Bestätigte Vermutung, 2006

Wie meine Schwester, die jüngste Tochter meiner Adoptiv-Eltern, in einem Brief schreibt, ist der See Sidihoni im April 2006 nur noch eine größere Pfütze. Die Menschen und Tiere leiden so sehr unter der Austrocknung des Sees, daß sie bereits Anfang März ein großes Opfer-Fest hielten. Hierzu ließ der Klan der Simalango zwei Tage und Nächte das traditionelle Orchester mit seinen großen Trommeln, Oboen und Gongs spielen. Den Göttern und AhnInnen wurde sogar ein weißes Lamm geopfert.

Taganing-TrommelnSolche altreligiös motivierten Feste sind äußerst selten und entspringen allein der Not. Sie sind von der Christlichen Kirche verboten. Aber trotzdem wird auch in der Kirche sonntags dafür gebetet, daß sich die Lebensader Danau Sidihoni wieder füllen möge. Es werden eben alle Wege beschritten.

Jetzt bleibt nur die Hoffnung...

Bild links: Die Taganing-Trommeln des Gondang-Orchesters hängen beim Spiel vom Balkon herab © Ch. Schreiber