IM PULS PAPUAS Buchbesprechung im Hebammenforum Mai 2013
Nadine Körner: "Es ist wundervoll geschrieben, ehrlich und direkt,
einfühlsam, lebendig und bildlich – mal ganz anders zu lesen."
Die Autorin Silke Bertram, Ärztin und bis dahin Mutter dreier Kinder, entschließt sich mit ihrem Mann, Architekt, direkt nach ihrem AiP für vier Jahre nach Papua-Neuguinea zu gehen, um dort auf einer kleinen Insel im Pazifik in verschiedenen Krankenhäusern zu arbeiten. Schon die Reise dorthin ist abenteuerlich, die ersten Eindrücke bescheren einen Kulturschock.
Genau dieser Kulturschock wird Silke Bertram aber auch bei ihrer Heimkehr nach Deutschland widerfahren.
Die Familie beginnt Kontakte aufzunehmen, die Menschen dort machen es ihnen leicht. Freundschaften entstehen. Die Kinder blühen auf, sind tagtäglich und oft auch nachts umgeben von einheimischen Kindern, die sich bei ihnen wohlfühlen.
Ihre Arbeit im Krankenhaus ist für Bertram ein Schubs ins kalte Wasser. Viele Patienten, schlimme Krankheiten, wenig Medikamente, unzureichende Hilfsmittel und mangelhafte Ausstattung lassen sie immer wieder improvisieren, an ihre Grenzen stoßen, aber auch kreativ werden. Für uns selbstverständliche Versorgungsstrukturen fehlen – deshalb sterben viele Kranke.
Die Menschen und Patienten sind sehr dankbar, aber auch vereint mit ihrem Schicksal, positiv eingestellt trotz schlechter Diagnosen. Dies bestärkt die junge Ärztin und gibt ihr viel zurück. Sie lässt uns Leser(innen) teilhaben am Krankenhausalltag, nimmt uns mit in den OP, auf die Stationen, in den Kreißsaal. Durch ihre wunderbar klare Art zu schreiben hat man das Gefühl hautnah dabei zu sein.
Die Autorin erzählt von der Schönheit der Landschaft, dem Busch, dem Vulkan, den Dörfern, den Niuginis, dem Meer, und was es oberhalb an Abenteuern bietet und der wundervollen Unterwasserwelt. Die Familie taucht vollkommen in ihr Gastland ein und nimmt es an. Sie will nicht bekehren und entwickeln, sondern verstehen, helfen und sehen – und bereichert sich am Ende selbst.
Die fremde Kultur konfrontiert die Familie auch mit der Tradition und dem Glauben an Sanguma, dem Schadenszauber, der die Arbeit und den Umgang mit Kranken sehr beeinflusst. Nicht selten kommt es zu Heilungen beziehungsweise verschwinden Beschwerden nachdem ein Fluch von dem Kranken genommen wurde. Aber auch einheimische Ärzte sind belastet …
Tagebuchartig schildert Silke Bertram ihre Erlebnisse, kleine und große, schöne und traurige; Überfälle, Rückschläge, Spiritualität, dem innigen Zusammenhalt der Familien auf Papua, den Wurzeln, der grenzenlosen Liebe zu den Menschen dort. Die Rückkehr nach Deutschland bringt sie stark ins Stolpern. Mich hat dieses Buch sehr ergriffen. Es ist wundervoll geschrieben, ehrlich und direkt, einfühlsam, lebendig und bildlich – mal ganz anders zu lesen. Auch sehr kritisch mit sich selbst und sich gut einschätzend hat die Autorin ein Werk geschaffen, das sehr berührt, mal wieder nachdenklich macht und das man nicht unvergessen in den Schrank stellt.
Es ist geeignet für jede Leseratte von fremden Kulturen, außergewöhnlichen Abenteuern und nicht zuletzt für all jene, die vorhaben, solch ein Auslandsprojekt selbst einmal in Angriff zu nehmen oder es schon taten.
Nadine Körner, Buttelstedt
300 Seiten | Sidihoni 2012 | ISBN 978-3-9814706-0-4 | 25 €