Back home in Banda
Sonntag, 6. Oktober 2013 (eingestellt am 11.10.)
Als wir in Medan vom Abendessen zurueckkommen ist der Strom mal wieder weg. Wir wollten ja morgen frueh losfahren nach Banda Aceh, aber das Geäck in einem dunklen Zimmer zu packen ist nicht so einfach. So waehlen wir den logischen Weg, schlafen jetzt sofort und packen spaeter. Stromausfall macht traege. Wir haben einen Mitfahrer bis Banda, Andreas aus Italien, der dann auch puenktlich um 9 Uhr vor unserer Tuer steht. Die Kinder schlafen noch, das ist eine sehr schoene Ausrede wie wir finden. Wir fangen an zu packen, Ronna kommt noch vorbei, um sich zu verabschieden und um 10 sind wir startklar. Wir tanken widerwillig Biodiesel, nach der 5. Tankstelle haben wir es kapiert: es gibt hier nichts anderes mehr. Da in Indonesien die Oelgesellschaft Pertamina ein Monopol besitzt, muss man das wohl schlucken bzw. tanken.
Dann, noch nicht weit gefahren, kommt eine Bruecke, dahinter steht ein liegengebliebener LKW und dann noch eine Baustelle. Wir stehen eine Stunde auf der Bruecke, nichts geht mehr. Erst als die Polizei auftaucht, um die Autos von der Gegenfahrbahn zu entfernen, loest sich das Chaos langsam auf. Es ist fast entspannend, hier zu fahren im Vergleich zu Indien. Bremshuegel (sie heissen hier polisi tidur - schlafende Polizisten) gibt es nur in Wohngebieten und auch einzel vorkommende Schlagloecher sind eine Seltenheit.
Kurz vor Sonnenuntergang finden wir ein kleines Losmen in Idi. Losmen sind wie Pensionen, es sind Familien, die einzelne Zimmer vermieten. Gleich fragt der Mann, ob wir mitessen wollen, es gibt Fisch und Reis. Wir wollen aber erst mal duschen und spaeter noch etwas laufen, um nach der langen Fahrt die Kinder ins Bett zu bekommen. Andreas sind 40.000 Rp (2, 50 euro) fuer das Zimmer zu teuer, er packt seine Sachen und will draussen schlafen. Irgendwie ist sein Budget schon recht niedrig, beim Mittagessen hatte er sich geweigert, 20.000 Rp. fuer eine riesige Portion Reis mit Gemuese zu bezahlen.
Wir lassen ihn ziehen und geniessen den Abend. Vasco und Sima bekommen schon wieder Suessigkeiten greicht und es geseelen sich 2 Kinder zum spielen dazu. Der Mann erzaehlt, dass sie hier den Tsunami kaum gespuert haben, obwohl sie nur 500m vom Meer weg wohnen. WAS? Wir sind fast am Meer, das hatten wir auf der Karte gar nicht gesehen. Ja klar, meint seine Frau, und es gibt auch einen schoenen Strand. Da uns der Hunger spaeter in die andere Richtung treibt und wir am naechsten Tag frueh los muessen, haben wir ihn leider nicht gesehen. Wir wollen aber vielleicht spaeter zurueckkommen, wenn wir keine wichtigen Termine mehr haben.
Unser allerwichtigster Termin ist der 8. Oktober, Fenis 50. Geburtstag und den koennen wir halten, falls nicht Pingu auf den letzten 350 km noch liegenbleibt. Der Stabi ist zwar schon wieder lose, wir werden in Banda eine Werkstatt brauchen, aber wir fahren weiter. In der letzten Stunde Fahrt durch bewaldete Huegel, ruft Feni dreimal an, 'wo seid ihr, wann seid ihr da?'. Am Stadtrand faengt es an zu regnen. Und dann sehen wir Feni, die winkend auf uns zurennt. Wir sind angekommen, was fuer ein genialer Augenblick! Nach ueber 5 Monaten und ca. 14.500 gefahrenen Kilometern stehen wir vor der Grossen Moschee mitten in Banda Aceh, dazu noch einen Tag vor Fenis Geburtstag!
Das Empfangskommitee besteht aus mindestens 10 Maennern, die den Bus anschauen wollen, einer fragt, ob er mal fahren darf, er will wissen, wie das ist, das Lenkrad auf der falschen Seite. Wir vertroesten ihn auf spaeter, verabschieden uns von Andreas und bitten Feni, doch einzusteigen. Einiges hat sich veraendert, seit wir das letzte Mal hier waren. Feni ist umgezogen in eine Wohnung in der Stadt, dort hat sie eine Schneiderei, ganz offiziell mit Schild ueber der Tuer. Fenis Mutter wohnt jetzt auch dort, sie kann ihre rechte Hand nicht bewegen und muss im Krankenhaus behandelt werden. Deshalb konnte sie nicht in ihrem Dorf bleiben. Fathur ist in Jakarta, er hat die Uni abgeschlossen und arbeitet als Elektrotechniker bei PT Indosat, einer grossen Telekommunikationsfirma.
Feni hat Ente gekocht und wir sollen erst mal essen. Ich weiss, dass es Fleisch hier nur zu ganz besonderen Anlaessen gibt, da es im Vergleich zu Fisch sehr teuer ist. Wir begruessen Fenis Mutter und Agiel, ihren Sohn, und die Kinder bekommen - natuerlich - Suessigkeiten. Feni erzaehlt, dass sie nicht mehr unterrichtet, sondern jetzt im Buero arbeitet. In Indonesien sind alle Lehrer verbeamtet und sie haben ab einem bestimmten Alter die Moeglichkeit, diesen Wechsel zu machen, wenn es ihnen zu langweilig wird zu unterrichten. Ausserdem liegt das Rentenalter fuer Lehrer bei 60 Jahren, fuer Bueroangestellte bei 55, was wohl auch ein gutes Argument ist.
Nach dem Essen fahren wir in die Jalan Cot Arun in Lamtemen und es ist tatsaechlich ein Gefuehl, als wuerden wir nach Hause kommen. Hier ist noch alles beim Alten. Sogar das riesige Nachbarhaus ist immer noch halb fertig, wie vor 2 Jahren, geruechteweise gehoert es einem Deutschen, dem das Geld ausgegangen ist. Wir parken Pingu in der Garage, der kannte sowas bislang noch gar nicht!
Agiels Auto steht auch drin, immer noch kaputt, wir koennen es nicht mal ein paar Zentimeter nach vorne bewegen, da blockiert etwas. Also bauen Agiel und Patrice unseren Koffer ab, den wir sowieso nicht mehr brauchen und schon geht das Garagentor zu. Nachts schuettet es aus Kuebeln und wir muessen doch kurz an Andreas denken, hoffentlich hat er nicht wieder draussen geschlafen!
Am naechsten Tag besuchen wir Rosmiati, eine andere Freundin von mir und gehen nachmittags in den Waterboom, einen grossen Wasserpark in Ulehlee. Er wurde auf der grossen freien Flaeche, die der Tsunami hinterliess gebaut, fast nichts blieb stehen hier in der Naehe des Hafens. Die Kinder haben einen Riesenspass mit den vielen Wasserrutschen, aber ehrlich gesagt, finden wir es auch ganz lustig, irgendwas in einem bleibt immer ein Kind. Voellig ausgepowert kommen wir zuhause an. Patrice und Agiel wollen tatsaechlich noch angeln gehen und den Fisch morgen grillen und dazu solls Kartoffelsalat geben. Da kann man nur gespannt sein.
Feni muss an ihrem Geburtstag arbeiten, mehr noch, sie ist auf Schulung. Wir sehen sie also erst am Abend. Derweil fahren wir in die Stadt und besorgen einen Geburtstagskuchen. Patrice muss zum Schuhmacher, denn an seinen Sandalen loesen sich die Sohlen ab. Die Schuhmacher sind neben der Mesjid Raya, der Hauptmoschee. Wir sitzen hier gemuetlich unter blauen Plastikplanen und trinken Kaffee. Es regnet mal wieder. Der Mann erzaehlt vom Tsunami, wie er mit seiner Familie zur Moschee gerannt ist und gerettet wurde, waehrend er sein Haus mit der Welle wegschwimmen sah.
Eine grosse Party gibt es nicht, wir essen Kuchen und zuenden ein paar Wunderkerzen und Vulkane an, die wir noch vom Ganeshafest in Goa in Indien uebrighatten. Feni hat am Morgen eine alte Freundin wiedergetroffen, eine Chinesin, mit der wir heute abend in Penayung auf dem Nachtmarkt etwas trinken wollen. Li-hai hat zusammen mit ihrem Mann einen Angelladen. Patrice, der ja seit der Tuerkei schon davon spricht, eine Angel kaufen zu wollen, nutzt die Gelegenheit und kauft Angel und Zubehoerkram und meint, er geht jetzt mit Agiel zusammen angeln. Dann landen wir im deutschen Restaurant um die Ecke und trinken Mangosaft, Bier gibt es tatsaechlich auch, aber natuerlich zu horrenden Preisen. Wir spazieren danach an der schoenen Promenade des Krueng Raya entlang und fahren nach einer Fotosession mit Pingu wieder nach Hause. Die Kinder sind muede und Fenis Mutter ist alleine zuhause.
Die naechsten Tage wird keine Langeweile aufkommen. Wir verbringen einen Tag in der Werkstatt, denn in Medan hatte man eine Schraube an der Lichtmaschine abgerissen, sie rauszubekommen war nicht ganz einfach. Der Stabi wird endlich professionell repariert und durch eine grosse Metallplatte gesichert. Nur mit dem Kuehlschrank finden wir keine Loesung, denn der Kompressor scheint nur zeitweise zu funktionnieren. So vertagen wir das und gehen am Abend angeln. Ich als Angel-Gegner finde es ja sehr amuesant im Warung zu sitzen und zuzuschauen: Agiel und Patrice stehen auf der Bruecke zusammen mit 20 anderen Anglern, zuerst sind sie sehr beschaeftigt mit den Koedern, also den kleinen Krabben, die sie zuvor gekauft haben. Irgendwann lehnen sie sich an ihre Angeln an die Brueckenmauer, zuenden sich eine Zigarette an und schauen zu, wie der Nachbar einen Fisch rauszieht. Leider ist die Bilanz heute negativ (-2 Krabben)..
Info:
Mehr zur Tsunami-Direkt-Hilfe 2005-2006 von Christine Schreiber auf dieser website hier >>>Hilfsprojekte
Und nun ein paar Fragen an Euch Vier:
- würdet ihr so eine Überlandreise nochmal machen ?
- was war das Schönste an der Tour ?
- was war das Schwierigste an der Tour ?
- was seht ihr verschieden: z.B. die Kinder, du und Patrice ?
- was habt ihr als nächstes vor?
- wie lange wollt ihr in Aceh ausruhen ?
- wie wird es mit dem Wagen weitergehen? Ihr hattet ja spezielle Pläne...
- werdet ihr Sidihoni besuchen ???
- Und falls ihr Sidihoni besuchen wollt, wäre es nicht schön, wenn ihr weiterbloggt bis in Sidihoni ??? Ich fände das prima!
Selamat beristirahat - Schönes Ausruhen am Strand von Lampuuk!