Bei den Elefanten in Tangkahan -
Und: was passiert mit Auto Pingu ?
Sonntag, 22. Dezember 2013
Seit Monaten schon, ohne zu uebertreiben, eigentlich seit unserer Abreise, liegen uns die Kinder in den Ohren : 'Wir wollen zu den Elefanten!'
Tangkahan besitzt eine sogenannte CRU (Conservation Response Unit), eine von 5 Elefanten-Stationen in Sumatra. Urspruenglich wurden die Tiere im Auftrag der Regierung eingefangen und als Arbeitstiere genutzt. Auch heute noch ist das die Hauptaufgabe, nicht, Touristen durch den Dschungel zu reiten. Angesichts der schnell fortschreitenden Verkleinerung des Lebensraums der Elefanten, die eigentlich im Tiefland-Dschungel leben (dieser musste als erstes den Oelpalmen-Plantagen weichen), kommt der Konservierung und Aufzucht des Nachwuchses eine grosse Bedeutung zu. Man schaetzt, dass es in Sumatra noch ca. 2000 Elefanten in freier Wildbahn gibt, die Zahl hat sich in den letzten 50 Jahren mehr als halbiert und daher steht der Sumatra-Elefant schon seit langem auf der roten Liste der bedrohten Tierarten. In der CRU gibt es 8 Elefanten, davon 1 Baby mit ca. 1 Jahr.
Man kann hier fuer eine Stunde durch den Dschungel reiten und die Elefanten anschliessend waschen, wir buchen die Tour am Vormittag, zuerst geht es also mit der Waschbuerste zum Fluss. Die Dickhaeuter legen sich brav auf die Seite und wir koennen ihnen den Schlamm runterschrubben. Die Kinder haben doch etwas Respekt, trauen sich nicht wirklich, auf den Elefant draufzusitzen. Zum Schluss kann sich, wer will noch mit dem Ruessel abduschen lassen und dann gibt es Bananen zur Belohnung.
Sima macht alles mit, wir reiten zuerst durch den Fluss. Der ist nach dem vielen Regen die letzten Tage ganz schoen angestiegen, die Elefanten stehen bis zu den Ohren im Wasser. Dann geht es ueber schmale Trampelpfade steil bergauf und bergab, wir muessen uns gut festhalten. Es ist fast unglaublich, wie geschickt die Tiere trotz ihres Gewichts sind. Wahrscheinlich haetten wir zu Fuss auf diesem schlammigen Weg einige Schwierigkeiten. Natuerlich brauchen wir lang, vor allem, weil wir immer wieder halten muessen, um einen kleinen Busch als Zwischensnack zu uns zu nehmen. Ich frage den Ranger, wie oft denn so ein Elefant am Tag isst. Er lacht und meint:' staendig, euer Elefant hier zum Beispiel, ein Weibchen, ist im Vergleich leicht mit 2,5 Tonnen, sie frisst jeden Tag 10% ihres Koerpergewichts, also 250kg Gruenzeug. Maennchen wiegen bis zu 7 Tonnen!'
Wieder bei der Flussfaehre und beim Nationalpark-Buero buchen wir noch eine Trekkingtour fuer den naechsten Tag. Nur leider ist der komplett verregnet, zum vereinbarten Zeitpunkt schuettet es so, dass wir beschliessen, besser in unserer gemuetlichen Holzhuette am Fluss zu bleiben und auf der Terasse Carcassonne zu spielen. Nachmittags fahren wir zum Buero und verschieben das Ganze um einen Tag. Es hoert zwar in der Nacht auf zu regnen, trotzdem ist der Wasserstand im Fluss wieder so stark angestiegen, dass die Faehre mitten im Fluss endet und wir ziemlich tief durchs Wasser waten muessen. Noch dazu ist es sehr schlammig und die lieben Blutegel sind einfach ueberall. Sobald man stehen bleibt, wird man ueberfallen. Vasco hat seit heute morgen geradezu Fressattacken und deshalb machen wir mehr Pausen, als wirklich zu ertragen ist. Die Parallele zum Elefant ist euch sicher nicht entgangen.
Zurueck am Fluss ist die Bilanz: ein Blutbad im Schuh und Mueckenstiche, die nicht mehr zu zaehlen sind. Wir lieben die Natur!
Trotzdem hoffen wir, dass die Plaene der Regierung, die CRU aufzuloesen nicht so bald in die Tat umgesetzt werden. Denn dann wuerden die paar Touristen, die sich hierher verirren, wahrscheinlich auch nicht mehr kommen. In den paar Tagen, die wir hier verbracht haben, trafen wir nur ein Paar aus Frankreich und Sonya aus Neuseeland, die hier fuer den Oekotourismus taetig ist und neue Pfade durch den Dschungel erschliessen will. Auch die Weiterbildung der 32 zertifizierten Guides im Ort wird von ihr koordiniert.
Was passiert mit Pingu?
Samstag, 14. Dezember 2013
Ronna ist bester Laune, als wir in Medan ankommen. Ihre Schwiegermutter aus Deutschland hat ihr versprochen, Geld zu ueberweisen, um endlich ihren Kredit ausloesen zu koennen. Ist das Geld bis Ende Dezember nicht da, wird das Land ihrer Familie versteigert, das sie verpfaendet hat. Ihre 7 Geschwister wuerden das nicht besonders schaetzen und sie womoeglich aus der Familie verstossen, was so ziemlich das schlimmste ist, was einem Indonesier passieren kann. Nach meinem Telefonat vom letzten Mal hat sie also noch einen Brief geschrieben und beim Uebersetzer auf Deutsch uebersetzen lassen und uebers Konsulat den Schwiegereltern geschickt. Das Geld ist zwar immer noch nicht auf dem Konto, aber sie ist guter Dinge.
Wir beziehen das groesste Zimmer und lernen am Abend Joachim 'sugar' Sucker aus Berlin kennen. Er haette gerne eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung in Indonesien, hat einen totsicheren Plan. Dazu muss er einfach nur eine Firma gruenden mit 35% indonesischer Beteiligung. Mit dem Auto glaubt er auch, uns helfen zu koennen, schliesslich kennt er den Gouverneur von Nord-Sumatra persoenlich. Wir wollen es aber doch erst mal beim Zoll versuchen und machen uns am Morgen auf den Weg zum Hafen. Ronna hatte schon gute Nachrichten, das Geld ist angekommen, 10.000 Euro, genug, um ihren Kredit abzubezahlen.
Unterwegs nach Belawan faellt uns auf, dass jemand mit einem Messer in die LKW-Plane unseres Koffers geschnitten hat. Der Schnitt ist tief und geht einmal fast ganz durch unser fast neues Quechua-Zelt, welches wir vor unserer Abreise gekauft hatten. Man lernt beim Reisen, dass materielle Dinge nicht wirklich wichtig sind, Feni kann vielleicht den restlichen Stoff noch irgendwie verwerten, was solls! Vascos Billigzelt aus dem Iran ist zum Glueck noch ganz, sonst haette es wieder Traenen gegeben. Kindern kann man die gleichgueltige Einstellung zu materiellen Dingen eben noch schwer vermitteln...
Beim Zoll das endgueltige Aus unseres grossartigen Plans, das Auto zu verschenken. Wir werden in ein Buero gebeten und nach unserem Anliegen gefragt. An der Wand haengen Plakate der neuen Offensive gegen Korruption- soso. Wir unterhalten uns fast 2 Stunden mit einem Beamten, der uns mit ungeheuerer Geduld versucht, den komplexen Sachverhalt zu erklaeren. Er wuerde uns mal wieder gerne helfen, aber das Problem liegt gar nicht beim Zoll. In Indonesien gibt es offenbar keine Importgenehmigung fuer gebrauchte PKW. Wohl ist es in Ausnahmefaellen moeglich, dann aber nur mit einer Sondergenehmigung des Handelsministeriums in Jakarta. Diese Sondergenehmigung bekommen z.B. Hilfsorganisationen, aber dann meistens gleich fuer 20 bis 30 Fahrzeuge. Und wir duerfen natuerlich wie schon in Banda gehoert, nicht an eine Privatperson verschenken. Sollten wir also die Sondergenehmigung wider Erwarten bekommen, dann kann uns der Zoll die Verbleibsbescheinigung unterschreiben- man weiss zwar nicht genau, wozu das gut sein soll, aber wenn wir Wert drauf legen, ok..
So, jetzt muessten wir also erst mit dem Auto nach Jakarta und dort das Handelsministerium bestechen und anschliessend den Zoll in Medan und womoeglich auch noch die Polizei in Banda Aceh fuer eine ordnungsgemaesse Zulassung. Einfacher ist es an diesem Punkt die Flinte ins Korn zu werfen und den Ruecktransport nach Hamburg zu organisieren. Uns bleibt noch Sugar und sein Gouverneur, der letzte Strohhalm, an den wir nicht wirklich glauben. Es ist nicht schoen, wenn die Plaene, die man macht, sich einfach nicht realisieren lassen, aus welchen Gruenden auch immer. Aber es gibt auch schlimmeres: David und Regina, die wir in Goa getroffen hatten (bluffgoesbluff.jimdo.com) sitzen mit Getriebeschaden in Laos und warten auf Ersatz aus Deutschland.
Wir sitzen mit Sugar noch etwas draussen und unterhalten uns ueber so dies und jenes Unverstaendliche in diesem Land. Sugar, der vor einiger Zeit ein Hotel in Medan geleitet hat, sagt, es gaebe hier z.B. auch kein Grundbuchamt, und so kommt es schon vor, dass ein und dasselbe Haus von 3 Parteien beansprucht wird, da jede Partei einen echten oder gefaelschten Kaufvertrag hat.
Ueber unsere Koepfe rauschen ein Dutzend Kampfjets, der alte Flughafen wird offensichtlich nun vom Militaer genutzt. Ronna meint, sie bringen Hilfslieferungen zum Sinabung, der noch immer Asche spuckt. Viele Doerfer mussten bereits evakuiert werden. Sie sind also in ziviler Mission unterwegs, wir merken keinen Unterschied zum Krieg. Als noch der Nachbar seinen grossen Generator anwirft -mal wieder Stromausfall- ist die Geraeuschkulisse perfekt und jede weitere Unterhaltung zwecklos.
Wir bleiben noch einen Tag in Medan, vor allem um uns nach dem Weg nach Tangkahan zu erkundigen. Unser naechstes Ziel liegt am oestlichen Rand des Gunung Leuser Nationalparks und ist weder auf unserer Strassenkarte noch in Google Maps vorhanden. Wir werden uns durchfragen muessen. Immerhin wissen wir jetzt ungefaehr, wo sich die Abzweigung von der Hauptstrasse befindet. Als wir schliesslich startklar sind, moechte Ronna auf gar keinen Fall, dass wir etwas fuer das Zimmer bezahlen, auch fuer Essen und Trinken will sie kein Geld annehmen. Ich erinnere sie daran, dass zwar der Kredit abbezahlt ist, die Miete fuer das Guesthouse aber auch noch bezahlt werden muss. Sie meint, wir waeren Schwestern und daher ginge das nicht. Schnell, bevor sie sich wehren kann, hole ich eine grosse Packung Aceh-Kaffee aus dem Auto und schenke sie meiner Schwester.
Danke Ronna, wir kommen wieder, sicher im April!